Ein Grossteil der Laufanfänger und Laufanfängerinnen starten ihren Laufeinstieg mit zu forschem Lauftempo. Es ist eine Herausforderung, die Laufintensität tief zu halten. Man kommt sich vor, als „trete“ man an der Stelle und komme nicht vom Fleck. Viele Rückmeldungen zum Trainingsplan für Anfänger FlexStart oder Flex60, aber auch zu den anderen Trainingsplänen drehen sich um die zu hohen Pulswerte bei lockeren und ruhigen Laufeinheiten. Ich kenne das aus meiner eigenen Erfahrung: Als ich vor 25 Jahren meinen späten Laufeinstieg mit regelmässigem Training startete, und erstmals mit einem Pulsmesser trainieren konnte, war mein Puls kurz nach dem Start im orangen oder roten Bereich. In Trainingsplänen war die Rede von lockerer Laufeinheit beim Puls von 70% der maximalen Herzfrequenz. Das schaffte ich nie. Kaum in laufender Bewegung, drehte der Kreislauf hoch und ich war nahe an 80% MHF. Das kann frustrierend sein.
Was bringen lockere und ruhige Laufeinheiten?
Per Definition werden lockere und ruhige, regenerative Laufeinheiten in einem Pulsbereich von 70 bis 75% deiner MHF (maximale Herzfrequenz) gelaufen. Der Longjog oder lange Lauf gehört ebenfalls in diesen Pulsbereich, ist aber alleine durch die Länge und Belastungsdauer alles andere als „locker“. Rund drei Viertel der gesamten Trainingszeit sollten im Intensitätsbereich von lockeren Läufen liegen.
Ohne Pulsmesser bist du im Belastungsbereich von 70 bis 75% der MHF, wenn du dich problemlos mit einer Laufbegleitung unterhalten kannst. Das kommt vor allem Laufeinsteiger/innen sehr, sehr gemächlich vor. Und macht trotz der „leichten“ Belastung Sinn im Trainingsalltag: Diese langsamen Einheiten führen dazu, dass der Blutzufluss zu den Muskeln verbessert wird, in dem das Kapillar-Netz der Blutgefässe ausgebaut und die Dichte der kleinen „Kraftwerke“, den Mitochondrien, zunimmt. Dein Herz-Kreislauf-System wird getrimmt, mehr Sauerstoff zu den Muskeln zu transportieren. Du baust damit die Grundlage auf, um mit schnelleren, intensiven Einheiten die Verarbeitung des Sauerstoffs in den Muskeln zu erhöhen.
Ein weiterer Pluspunkt ist die erhöhte Belastbarkeit: Mit den lockeren und ruhigen Laufeinheiten wird dein Stützapparat mit Sehnen und Knochen gefestigt und du bist mit der Zeit in der Lage, grössere und intensivere Laufeinheiten zu absolvieren. Dein Verletzungsrisiko wird minimiert.
Die lockeren und ruhigen Laufeinheiten sind ein wichtiger Teil deines Trainings. Mit ihnen legst du einen soliden Grundstein, um mit schnelleren Einheiten deine Trainingsform herauszukitzeln. Das Gefühl für deinen Körper und die Belastung ist eine weitere wichtige Komponente in deinem erfolgreichen Trainingsprogramm.
Mit den ruhigen Laufeinheiten kann dein Körper nach einem intensiven Training vom Vortag besser regenerieren und aktiv erholen.
Ich schaffe es nicht, in diesem tiefen Pulsbereich zu laufen
Wie eingangs erwähnt, ist es vor allem für Anfänger/innen eine Herausforderung, in diesem tiefen Pulsbereich von 70 bis 75 % der maximalen Herzfrequenz zu laufen. Oft stimmen dann auch die Werte für Pace und Pulsbereich in den Flex-Trainingsplänen nicht mit den persönlichen Werten überein. Besonders in den ersten Trainingsmonaten ist es deshalb oft besser, sich von den Werten zu lösen und einfach zu versuchen, möglichst langsam zu trainieren. Wenn das für dich ein Problem ist, wähle Laufrouten mit weniger Leuten, die dir begegnen oder lege das lockere Training auf den frühen Morgen oder späten Abend. Aber Hand aufs Herz: Was interessiert dich die Meinung anderer?
Mit dem Sprechtest bist du optimal unterwegs. Du kannst dich in ganzen Sätzen mühelos mit jemandem unterhalten. Vorteil: Macht Spass, mit jemandem zu laufen, sich zu unterhalten – und für dein Lauftraining findest du das passende Tempo.
Je länger du trainierst, desto besser passen die Belastungswerte über den Puls und die Pace der Trainingspläne zusammen.
Der (vermeintliche) schnelle Leistungszuwachs
Ich kann hier aus meiner Laufgeschichte erzählen: Ich startete planlos im Frühling mein Lauftraining, drehte ordentlich auf, um an die Leistung des letzten Herbstes anzuknüpfen. Meine Laufleistung stieg innerhalb kurzer Zeit an. Nach einer Weile bemerkte ich jedoch trotz Training keine Fortschritte mehr. Heute weiss ich, dass mir die Grundlagenausdauer GA1 fehlte. Ohne die steigt die Leistungskurve zuerst stark an, flacht danach aber deutlich ab. Mit den intensiven Trainings erhöhte ich die Verarbeitung von Sauerstoff in den Muskeln, aber wenn nicht genügend zu den Muskeln kommt, macht das wenig, bzw. keinen Sinn.
Trainingspläne
In Trainingsplänen sind die passenden Trainingseinheiten bereits für dich abgestimmt. Deshalb kommst du mit einem Trainingsplan meistens weiter, als wenn du nur von Tag zu Tag nach Lust und Laune trainierst.
Wenn du dich gezielt auf einen Wettkampf vorbereiten willst, stärkst du zuerst deine Grundlagenausdauer, indem du viel im lockeren, ruhigen Bereich trainierst und langsam auch eine längere Einheit, ein Longjog oder langer Dauerlauf (ab 90 min) trainierst. Je nach Wettkampf-Distanz hängst du an diese Grundlage den spezifischen Trainingsplan für die gewählte Wettkampfdistanz an. Bei einem Halbmarathon sind das 12-16 Wochen, bei einem Marathon 16 Wochen. Für jeden Trainingsplan findest du die Voraussetzungen auf der entsprechenden Seite.
Das bringen lockere und ruhige Laufeinheiten
- Du kannst dich bei lockeren und ruhigen Laufeinheiten von intensiven Belastungen besser erholen. Es kann helfen, dich besser zu regenerieren und dich vor Verletzungen zu schützen.
- Lockere Läufe fördern die Fettverbrennung. Diese braucht im Gegensatz zu der Verbrennung von Kohlenhydraten viel mehr Sauerstoff. Vor allem für längere Wettkämpfe ist eine gute Basis sehr wichtig.
- Mit lockeren und ruhigen Laufeinheiten verbesserst du deine aerobe Ausdauer. Das heisst, die Fähigkeit, ohne Sauerstoffschuld zu laufen.
- Lockere und ruhige Laufeinheiten können dazu beitragen, Stress zu reduzieren, dich zu entspannen, den Kopf frei zu kriegen und damit dein Wohlbefinden zu steigern.
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