Wie ich ins Übertraining rutschte

Wie ich ins Übertraining rutschte: Eine Läuferin berichtet für Lauftipps.ch über ihre Erfahrungen mit einem Übertraining. Das Interview zeigt auf, wie schleichend die Symptome kommen und wie schwierig es ist, diese zu deuten.

Wie ich ins Übertraining rutschte

Wie ich ins Übertraining rutschteDu bist im letzten Jahr in ein Übertraining geraten. Was wusstest du vor dieser persönlichen Erfahrung über das Thema „Übertraining?

» Ich habe diesbezüglich viel darüber gelesen, jedoch war in meinen Läuferkreisen nie jemand persönlich betroffen. Bekannt war mir, dass es verschiedene Formen des Übertrainingssyndroms gibt und dass viele verschieden Systeme des Körpers betroffen sein können.

Hast du dir davor jemals Gedanken darüber gemacht, dass eine zu grosse Trainingsbelastung zu einem Übertraining führen könnte?

» Ja, aber wenn man sich auf einer Erfolgswelle befindet und die persönlichen Grenzen noch nicht ausgelotet sind, ist es schwierig zu erkennen, wann zu viel des Guten ist. Damit persönliche Bestzeiten verbessert werden können, müssen immer neue Trainingsreize gesetzt werden. Dies war ein Experiment mit Folgen!

Wie machte sich das Übertraining bei dir bemerkbar? Was waren die ersten Anzeichen dafür?

» Ich muss dazu etwas ausholen. Ich habe ab März den Trainingsumfang deutlich erhöht, war zudem noch in einem Trainingslager mit sicher 140 Laufkilometern pro Woche. Anschliessend habe ich mir keine Entlastungswoche gegönnt und habe weiter hart trainiert. Das Resultat waren Motivationsprobleme, dauernde Müdigkeit, Reizbarkeit und Unruhe, nächtliches Wachliegen zwischen 02 Uhr und 05 Uhr morgens, erhöhter Ruhepuls, bei lockerem Dauerlauf einen enorm hohen Puls und das wichtigste und härteste Zeichen waren meine Leistungen, die ich an den Wettkämpfen nicht mehr erbringen konnte.

Wie bist du damit umgegangen, dass du dich trotz Lauftraining nicht mehr wohl gefühlt hast?

» Ich habe weiter mein Training durchgezogen und die körperlichen Symptome ignoriert – so gut ich das noch konnte. Ich bin im wahrsten Sinne mit dem Kopf durch die Wand gelaufen.

Auf welche Symptome hin hast du dich bei einem Arzt gemeldet?

» Mein Mann (Arzt mit eigner ambitionierter Sportlererfahrung) hat mir mehrmals geraten, die Regeneration nicht zu vernachlässigen, bis er mir ein Laufverbot ausgesprochen hat.

Ich habe mich dann mit unserem Sportmediziner in unserem Verein ausgetauscht. Ich verzichtete jedoch auf den medizinischen Check wie Blut- und Urinuntersuchungen, weil ich ja wusste, wie es um mich stand.

Wie war für dich die Diagnose „Übertraining“? Was ging dir durch den Kopf?

» Schlimm, so viele Trainingsstunden – und jetzt habe ich mich in den Keller trainiert. Frust- und noch einmal Frust.

Was hat dir der Arzt bezüglich Training empfohlen?

» Absolutes Wettkampfverbot, Trainingsumfang reduzieren, keine harten Trainingseinheiten mehr, Alternativsport, gute Ernährung, aktive Erholung, Sauna, Massage etc…

Wie lange musstest du pausieren?

» Alles in allem etwa 4 Monate.

Auf was hast du während dem Auskurieren geachtet? Was waren deine Schwerpunkte?

Einstieg nach Laufpause - Asics Laufschuhe am Nagel» Ich habe mit Crawlschwimmen angefangen – eine Disziplin, die mich schon immer fasziniert hat aber ich nie die Zeit fand, mich etwas intensiver mit diesem Schwimmstil auseinander zu setzen. Regenerative Läufe im Grundlagenbereich.

Bin aufs Rad gestiegen und habe lange Ausfahrten gemacht.

Trainieren nach dem Lustprinzip – nur wenn“ Kopf-Herz und Hand“ trainieren wollten, habe ich trainiert.

Was denkst du waren rückblickend gesehen die beiden Hauptgründe für dein Übertraining?

» Eindeutig die fehlende Regeneration und die Doppelbelastung von Familie und Beruf.

Was hast du seit der Diagnose in deinem Alltag / in deinem Lauftraining verändert?

» Ich trainiere wieder nach Plan. Habe ich aber einen Tag, wo’s mir nicht so läuft wie es sollte, laufe ich anstelle eines Tempodauerlaufes lieber im Grundlagenbereich und schiebe die schnelle Einheit auf einen anderen Tag. Ich höre viel besser auf meine inneren Signale. Zudem überlege ich mir bei jedem Training, was dieses für einen Zweck haben soll. Kein Training ohne Ziel.

Welche Empfehlung gibst du deinen Laufkollegen und Laufkolleginnen?

» Leider sind die Symptome eines Übertrainingssyndroms ja häufig so diffus und schleichend, wie sich dies ja bei mir auch geäussert hat, dass man unter Umständen seine gesamte Lebenssituation überprüfen muss. Stress im Beruf und eine überfordernde familiäre Belastung können bei einem normalen Trainingspensum bereits in die Überbelastung führen, wie bei mir dies der Fall war.

Die Energiereserven des Körpers sind bei uns allen begrenzt. Auch vorangegangene Infekte und Probleme, wie Erwartungsdruck verhindern eine genügende Regeneration. Das Übertrainingssyndrom hat so viele verschiedene Gesichter!

Trainiere hart, konsequent – höre aber immer wieder auf deine inneren Stimmen des Körpers und vernachlässige die Regeneration sowie die aktive Erholung auf keinem Fall. Nur in der Regeneration kann sich deine Leistung entfalten und nicht im Training selber.

Ich wünsche euch allen eine wunderbare Saison und denkt daran: Oft ist weniger mehr!

Herzlichen Dank für das Beantworten der Fragen!

» Übertraining vermeiden

» Regeneration ist wichtig

» Laufbandtraining

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