Mein erster Marathonlauf – Zürich 2011: Vor fünf Jahren hatte ich einmal die Vision, ein Marathon zu laufen. Dann war ich ebenso viele Jahre überzeugt, keinen laufen zu wollen. Kurz vor Weihnachten 2010 habe ich mich entschieden, während 16 Wochen auf den Zürich Marathon 2011 vorzubereiten und daran teilzunehmen.
Der Anlauf – mein erster Marathonlauf
„Marathon sind 10 km Laufen mit 32 km Anlauf“ – Zitat von Friedrich Tschirne
So ist es! Nach 16 Wochen spezifischer Marathon-Vorbereitung mit dem FlexMarathon stehe ich um 8:30 Uhr im Starterfeld des Zürich Marathon 2011. Ein tolles Gefühl inmitten von 4000 Läuferinnen und Läufer mit dem gleichen Ziel.
Die ersten 10 km durch Zürich’s Innenstadt
Unglaublich, wie viele Zuschauer am Sonntag früh organisiert werden konnten. Die Laufstrecke ist vor allem im Bereich des Seeufers von vielen Menschen gesäumt, die mit Glocken, Ratschen oder ihrer Stimme die Stimmung ankurbeln.
Als ich mir vor der Anmeldung die Strecke angeschaut habe, dachte ich, dass die Schlaufen durch die Stadt schwierig sein würden, da verschiedene Stellen mehrfach passiert werden müssen. Doch in der Startereuphorie war das überhaupt kein Problem und sicher besser, als wenn man am Schluss noch „Schlaufen“ hätte sammeln müssen.
Mein vorgenommenes Tempo kann ich kaum einhalten. Immer wieder laufe ich etwas zu schnell, muss mich korrigieren, halte einen Kilometer die Pace durch, werde wieder etwas schneller. Und das, obwohl ich mich nicht an anderen Mitläuferinnen und -läufer orientiere.
Die Endorphine – mein erster Marathonlauf
Kurz nach km 10, am General Guisan Quai, schwappt die erste Endorphin-Welle und damit das Runners-High unerwartet über mich. Dazu die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer auf beinen Seiten. Einfach toll! Deswegen musst du einen Marathon laufen. Genau deswegen! Etwa beim „Zürihorn“ schwappte eine zweite Welle durch meinen Körper. Da läuft einfach alles…
» Der Mann mit dem Hammer – Hammermann verhindern
An der Goldküste Richtung Meilen
Ich passiere Tiefenbrunnen. Überall gibt es Guggen oder Musikbands, die in den Ortschaften entlang der Goldküste die Zuschauer und die Läufermassen in Stimmung bringen. Ich geniesse die Umgebung, den nahen See, die Parkanlagen, die andere Seeseite (die Pfnüselküste).
In Küsnacht rauschen die ersten Läufer aus der Spitzengruppe auf der Gegenseite an uns vorbei. Wir feuern sie an, wohlwissend, dass wir auf der anderen Seite wohl nicht mehr gleich gut in Form sein würden.
Die Halbmarathon-Marke überquere ich locker. Wer hier schon erste Müdigkeiten verspürt, wird im letzten Drittel leiden im Quadrat.
In Meilen ist Wendepunkt. Es geht ganz ungewohnt wenige Höhenmeter hoch, um in einer Schlaufe wieder zurück zur Seestrasse zu führen. Ein leichter, angenehmer Gegenwind setzt ein.
Zurück nach Zürich
Ich nähere mich langsam aber sicher der 33er Marke. So weit bin ich noch nie im Leben gelaufen. Die längsten Läufe in der Vorbereitung waren 32.5 km, aber mit vielen Höhenmetern geschmückt. Eine neue Rekordmarke, noch bevor ich den ganzen Marathon überhaupt gelaufen bin…
Mental wird es jetzt anspruchsvoll. Zeit, um die Landschaft zu geniessen, wird spärlicher. Die Beine werden müde. Ich teile mir die Strecke bis zu km 38, eingangs der Stadt, in Stücke auf. Ab km 38 sind es noch 22 Minuten ins Ziel. Das gibt für den Kopf und den Körper leistbare Abschnitte.
Gibt es plötzlich Krämpfe in den Beinen? Was erwartet mich noch?
Gegen den inneren Schweinehund kämpfen
Das, was ich auf den Longjogs erlebt habe, war in keiner Weise zu vergleichen mit dem, was jetzt kam: Der Körper meldete mit diversen „Alarmsystem“, dass es jetzt reichte. Der Kopf musste die Organe anweisen, dass die Müdigkeit nach dieser Leistung normal sei und es bis in Ziel zu schaffen sei.
Der innere Schweinehund schmeisst unerwartet die Frage in den Raum: „Warum tust du dir sowas überhaupt an?“. Meine Antwort kommt blitzschnell: „Weil ich mich dieser Herausforderung gestellt und mich optimal darauf vorbereitet habe.“ Der innere Schweinehund ist durch die pfeilschnelle Antwort überrascht und gibt klein bei.
Ich erhalte die Bestätigung, dass der Marathon jenseits des 30. Kilometers erst beginnt.
Die letzten 4 Kilometer durch die Stadt
Die 38er-Marke ist erreicht. Mit einem ganz kleinen inneren Lächeln denke ich an den Moment zurück, 33 Kilometer und mehr als zwei Stunden früher, als ich an der Marke das erste Mal vorbeigerannt bin. Das gibt etwas Motivation und Biss für den Endspurt, den es aber nicht geben wird.
Durch die Bahnhofstrasse geht es auf km 40 zu. Eine imposante Einkaufsstrasse. Ich bin mit mir und meinen schweren Beinen mehr als beschäftig. 100%ig. Meine Blicke fahren den Tramschienen in der Strasse nach. Mehr liegt fast nicht drin. Noch etwas mehr als 10 Minuten. Die sind zu schaffen, wenn ich schon dreieinhalb Stunden geschafft habe. Energie zum Steigern des Lauftempos gibt es nicht mehr – denke ich. Die Beine laufen einfach noch. Müsste man ausweichen, könnte das ins Auge gehen. Randsteine meiden. So hoch steigen mag ich nicht mehr.
Der letzte Kilometer ist von Menschenmassen gesäumt, die anspornen. Reagieren liegt nicht mehr gross drin, aber im Innern freut man sich darüber und auf das was jetzt dann bald kommt: Der Zieleinlauf – der Triumpf über den inneren Schweinehund – das Ergebnis längeren Lauftrainings – steht bevor. Ich gebe in Gedanken alles und finde, dass ich schneller werde. In Wirklichkeit war es der langsamste Kilometer (Verpflegungsstellen ausgeschlossen) des ganzen Laufes.
Zieleinlauf
Mit erhobenen Armen – im Triumpf über mich selbst – laufe ich über die rote Matte. Gehe ins Gehen über, aber die erschöpften Beine wollen eigentlich noch weiterlaufen – ich aber garantiert nicht mehr.
Eine Medaille wird um den Hals gehängt, der Chip von der Startnummer entfernt. Durch das Zelt das tolle Finisher-Shirt mitnehmen. Getränke, einen Apfel. Perfekt organisiert.
Fazit
„Wenn du laufen willst, dann lauf eine Meile. Willst du aber ein neues Leben, dann lauf Marathon.“ Ein Zitat von Läuferlegende Emil Zátopek.
Dem habe ich nichts hinzuzufügen…
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