Bussarde greifen Jogger an

Bussarde greifen Jogger an – Interview mit dem Vogelexperten: Immer wieder greifen in den Mai- und Juni-Monaten Bussarde ahnungslose Läuferinnen und Läufer aus dem Nichts an. Meist bleibt es bei einigen Schrecksekunden. Je nach Temperament des Vogels kann es aber auch zu Verletzungen führen.

Schlagzeilen:

  • Bubendorf (AG, CH): Wie im Horrorfilm: Bussarde greifen Jogger an
  • Jesteburg (Landkreis Harburg, D): Bussarde attackieren Radfahrer und Jogger
  • Ursenwang (Göppingen, D): Bussard verletzt Jogger
  • Durmersheim (Baden -Würtenberg, D): Jogger wird von Bussard an Stirn und Augenlid verletzt.
  • Mainz (D): Jogger wird von Bussard attackiert und verletzt
  • Dättnau (Winterthur, CH): Läufer wird mit Scheinangriffen eingeschüchtert

Bussarde greifen Jogger an – Interview

Herr Boschung, Sie beschäftigen sich intensiv mit der ökologischen Vernetzung und betreuen seit mehr als 30 Jahren eine Storchen- und Greifvogelstation in Mörschwil. Diese vorhin genannten Schlagzeilen erinnern mich an den Film „Die Vögel“ von Hitchcock. Was geht Ihnen bei solchen Schlagzeilen durch den Kopf?

Ich sehe, dass es für die Tiere zu eng geworden ist und ein Konflikt zwischen Mensch und Tier entsteht. Die meisten Menschen verstehen nicht, weshalb so ein Angriff passiert. Der Bussard muss sein Nest, bzw. seine Jungen beschützen. Kommt ein „Feind“ in die Nähe, hat der Bussard nur zwei Varianten: Angriff oder Flucht. Weil er mit dem Nest oder seinen Jungtieren an einen Ort gebunden ist, bleibt nur der Angriff, um den „Feind“ in die Flucht zu schlagen.

Sie haben mich vor ein paar Jahren mit Ihrem Auto aus der „Gefahrenzone“ geholt, als ich von einem Mäusebussard angegriffen wurde. In welcher Zeit ist die Gefahr für Läufer am grössten?

Während der Brutphase kommt es selten zu Konflikten. In der Ästlingsphase, wenn der Jungvogel das Nest langsam verlassen will, ist er noch sehr unselbständig. Das erwachsene Tier begleitet und beschützt das Junge. In dieser Zeit ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Vogel angreift, wenn sich schnell bewegende Menschen (Jogger, Läufer) oder „Feinde“ in der Nähe befinden. Meist geschehen diese Zwischenfälle in den Monaten Mai und Juni.

Welche Gebiete bedeuten generell eine Gefahr für Läuferinnen und Läufer?

Der Bussard ist in offenen, baumreichen Landschaften daheim.

Warum kommt es zum Konflikt zwischen Bussard und Läufern?

Die Gefahr ist, wie schon erwähnt, nur gross, wenn in der Ästlingsphase die Jungvögel beginnen, dass Nest zu verlassen. Der erwachsene Bussard begleitet seine Sprösslinge und versucht sie zu beschützen.

Gibt es auch Zwischenfälle mit anderen Greifvögeln?

Es sind schon mehrheitlich Bussarde daran beteiligt. Es hat auch Konflikte mit Habichten oder Krähen geben, aber das ist eher selten.

Gibt es vor einem Angriff Hinweise, die ich als Läufer deuten könnte?

Nein, es gibt keine. Höchstens, dass man sieht, wenn zwei Bussarde zusammen sind. Dann könnte es sich bei einem um ein Jungtier handeln, welches schon beinahe die Grösse des erwachsenen Tieres erreicht. Meist stellt man das aber erst nach erfolgtem Angriff fest.

Welche Taktik verfolgt ein Greifvogel, wenn er seine natürlichen Feinde angreift?

Der Bussard ist in erster Linie ein Ansitzjäger. Er sitzt auf einem Baum, einer Stange und jagt am Boden befindliche Beute. Der Bussard jagt keine Vögel wie Falke und Sperber. Die Beute reicht bis zur Grösse von Hühnern, was aber selten beobachtet werden kann. Der Bussard wartet und schwebt dann auf sein Opfer. Oder er läuft am Boden und sammelt Würmer und andere Kleintiere ein.

Wie verhalte ich mich als Läufer, wenn ein Greifvogel zu Scheinangriffen ansetzt?

Das erste Mal nützt ja nichts, weil man überrascht wird. Eine Mütze, noch besser ein Hut, schützt vor den scharfen Krallen. Wenn man sich der Gefahr bewusst ist, kann man einen Stock, einen Ast oder etwas Ähnliches in die Höhe halten. Der Bussard greift immer den höchsten Punkt an.

Immer wieder gibt es auch Berichte, dass Greifvögel die Läuferinnen und Läufer am Kopf verletzten. Gibt es Gründe, warum ein Greifvogel nur Scheinangriffe fliegt oder er aber Menschen verletzt?

Wahrscheinlich kommt es auf den persönlichen Charakter jedes Tieres an. Die einen sind aggressiver, andere weniger. Die einen Bussarde sind ängstlicher, andere mutiger.

In den Medien wird berichtet, dass sich Attacken auf Jogger und Radfahrer häufen würden.

Ich denke schon. Der grosse Landschaftsverlust bringt immer mehr Konflikte. Der Lebensraum wird für alle enger. Der Bestand der Bussarde ist in unserem Gebiet schon längere Zeit gleich hoch. Die grössere Freizeitaktivität und die Einnahme der Natur als Sportplatz schüren die Interessenskonflikte zwischen Mensch und Tier.

Wie schwer wird ein Bussard? Welche Flügelspannweite hat er?

Die Weibchen sind wie bei allen Greifvögeln grösser als die Männchen. Das Gewicht eines ausgewachsenen Bussards beträgt zwischen 900 bis 1300 g, die Flügelspannweite etwa 1.2 m.

Wie kann ein Laie schnell erkennen, ob der am Himmel kreisende Vogel ein Mäusebussard oder ein Milan sei?

Der Milan hat an der Schwanzflosse eine Gabelung und allgemein eine schlankere Flügelform. Der Bussard hat breitere Flügel und einen massigerer Körper. Der relativ kurze Schwanz ist am Ende abgerundet.

Markus Boschung mit STeinadlerHerr Boschung, Sie hätten zum Thema „Bussard und Jogger“ einen Wunsch frei. Wie würde dieser lauten?

Wer die Natur als Freizeitplatz geniessen will, soll sich auch mit ihr aktiv auseinandersetzen und bewusst werden, wie man sich darin korrekt verhält. Wer in der Nacht mit einer Stirnlampe durch ein Stück Natur joggt, ist sich nicht bewusst, wie viele Tiere damit in ihrem Lebensraum gestört werden. Nachtaktive Läufer und Läuferinnen stören in der Natur nachtaktive Tiere.

Herr Boschung, herzlichen Dank für das Interview!

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