MaxHF. Das steht nicht für maximale Herzfrequenz, sondern für Max Hermann Fischer. Max ist einer wie du und ich, bewohnt ein unscheinbares Reihenhäuschen in einer Vorstadtgemeinde, mäht regelmässig seinen kleinen englischen Rasen und wäscht in buchhalterischer Genauigkeit mindestens einmal die Woche seinen Mittelklassewagen. Max steht nicht für Maximum, sondern für Durchschnittlichkeit.
Jetzt kommt Max…
Max war ein richtiger Bewegungsmuffel. Sein Lebensmotto hatte er von Winston Churchill. Das war auch der einzige Name, den Max aus seinem Geschichtsunterricht noch behalten hatte. „No sports“ – das Motto von Churchill – hatte es Max überaus angetan, denn so konnte er ohne schlechtes Gewissen im weichen Sofa hocken und in die Glotze starren. In den zehn Jahren, in denen er dieses Häuschen schon bewohnte, waren die kleinen Bäume und Sträucher vor dem Haus mächtig gewachsen. Sein Bauchumfang übrigens auch.
Eine Ausnahme machte Max beim Motto „no sports“: Er turnte einmal die Woche im Turnverein, wobei ihm die Regenerationspause danach in der Kneipe mit den vielen Turnerkollegen am besten gefiel und sie jeweils ihre Kohlenhydratspeicher um die Wette mit Bier füllten.
Max war auch noch in der freiwilligen Feuerwehr – und da brachte ihn ein Übungseinsatz an die Grenze seines Lebensmottos: Mit Atemschutzgerät musste er über 70 Treppenstufen erklimmen, um im dritten Stockwerk eines Hauses erste Hilfe zu leisten. Als Max oben war, hatte er weniger Luft als der supponierte Atemstillstand, welcher dort am Boden lag und auf erste Hilfe hoffte. Das veränderte das Leben von Max nachhaltig. Er hatte plötzlich keinen Bock mehr auf Bierschwemme, dafür auf mehr Bewegung und schwemmte sich das Motto von Winston Churchill mit Mineralwasser endgültig die Kehle hinunter. „Max war geheilt“ – mokierten sich seine Kollegen neidisch.
» Häufige Laufeinsteigerfehler
Mit alten Turnschuhen joggen gehen
Ein paar Tage später stand Max etwas ratlos vor seinem Kleiderschrank. Das war in zweifacher Hinsicht ungewöhnlich, denn erstens Max machte sich nie gross Gedanken über das, was er anziehen wollte und zweitens die Absicht, sich in freier Natur bewegen zu wollen. Er zog sich ein unauffälliges Baumwoll-T-Shirt und kurze Turnhosen an.
Anschliessend stieg er in den Keller und fand zwischen den alten Militär- und andern ausgelatschten Schuhen seine ehemals weissen Turnschuhe aus den 80er Jahren. Vorsichtig zog er diese aus dem Schuhberg, klopfte fein säuberlich den Staub ab und trug sie wie eine Trophäe nach oben.
Die Schuhe hatten im Keller mit ihrem Leben bereits abgeschlossen: Entweder würden sie bei einer Entrümpelungstour in den Altkleidersack oder Abfallsack wandern, oder bestenfalls noch als Retrokleidungsstück auf einer Plattform versteigert.
Vor der Haustüre zog er sich die alten rot-weissen Turnschuhe an und stieg die wenigen Treppenstufen nach unten – mit dem fixen Vorsatz, heute das erste Mal joggen zu gehen.
Max und seine erste Runde
Max war sich überhaupt nicht bewusst, welchen Gefahren er sich aussetzte. „Max, schon wieder bereit für das Rasenmähen?“, schallte es hinter ihm höhnisch aus dem Nachbarsgarten. Erst jetzt stellte er fest, dass er ja üblicherweise in diesem Tenü höchstens dem wachsenden Gras zu Leibe rückte. „Nur ein bisschen frische Luft schnappen“, kam über seine Lippen und er trippelte, ohne einen Blick zurück auf seinen Peiniger zu werfen, die Quartierstrasse entlang Richtung Wald. Die nächste Gefahr lauerte schon an der Kreuzung vorne: Jugendliche standen dort auf dem Gehsteig und fachsimpelten über ihre MP3-Player. Max wich joggend auf die Quartierstrasse aus, grüsste freundlich und hörte, wieder auf dem Gehsteig laufend: „Hey, Mann, hast du die Retro-Schuhe gesehen? Voll krass! Der Alte ist voll im Trend!“
Max wartete, bis er sich ausser Sichtweite der Gruppe fühlte und warf einen unsicheren Blick auf seine Schuhe. Retro? Die Latschen hatte er ja schon sicher 25 Jahre und plötzlich erinnerte er sich auch, dass er in der Stadt neue Modelle im alten Look gesehen hatte. Er war also mit über 40 wieder „trendy“? Max wurde fast so rot wie die Streifen auf seinen Schuhen und joggte motiviert eine kleine Waldrunde.
„Warst du Bier holen?“, rief seine Frau aus der Küche, als Max wieder zurück war. „Nein, Luft!“, rief Max stolz und dann bemerkte er, wie er seine alten rot-weissen Turnschuhe unüblicherweise nicht in zurück in den Keller, sondern ganz liebevoll zu den anderen Strassenschuhen im Korridor stellte. Jetzt wusste er, dass ab heute alles anders würde…
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